Eine neue Sorte durchläuft während 10–12 Jahren unzählige Selektionshürden, ehe sie von der Sortenkonferenz auf die empfehlende Sortenliste aufgenommen wird und verkauft werden kann. Nach der gezielten Kreuzung von Eliteeltern werden in den Züchtungsunternehmen während 8–10 Jahren die Nachkommen auf die beste Kombinationseignung von Rübenertrag, Zuckergehalt und Resistenzen selektiert und gleichzeitig Saatgut von anfangs wenigen Knäueln auf mehrere hundert Kilos hochvermehrt. Nach erfolgreicher interner Prüfung und Vermehrung werden von den Züchtern geeignete Sortenkandidaten beim BLW zur offiziellen, dreijährigen Sortenprüfung angemeldet. Es vergehen somit im Schnitt 11–13 Jahre, bis eine Sorte überhaupt in den Anbau gelangt. Die offizielle Sortenprüfung, durchgeführt von der Fachstelle, umfasste bis 2018 zwei Prüfserien, eine Prüfung mit Fungizidbehandlung (24 Sorten) und eine weitere Prüfung von 6 herbizidtoleranten Sorten mit dem Conviso Herbizid. Mit dem Wegfall der Gauchobeize und den günstigen Klimabedingungen der letzten Jahre (v.a. auch wärmere Wintermonate) zeigten sich vermehrt Schädlinge in den Feldern, welche lange Zeit bedeutungslos waren (z.B. Blattläuse, Zikaden, Erdflöhe, Rübenmotte). Die Westschweiz ist hiervon aktuell stärker betroffen als die Ostschweiz. Die Unterschiede in den Niederschlagsmengen zwischen Ost- und Westschweiz sind gross; in der Zeitspanne vom 1. April bis 22. September 2023 fielen in der Ostschweiz 503 mm Niederschlag in der Westschweiz nur 367 mm. Der Sommer 2023 war in der Westschweiz zudem der trockenste der letzten 5 Jahre, die Temperaturen lagen durchschnittlich 0.5° C über der Ostschweiz. Wärme- und trockenheitsliebende Schädlinge wie Zikaden und seit 2023 vermehrt auch der Rüsselkäfer Lixus breiten sich aus. Die Fachstelle stellt sich den neuen Herausforderungen und führt seit 2020 zusätzliche Prüfungen zur Selektion von SBR- und virustoleranten Sorten durch. Im Sommer 2024 kommt möglicherweise noch eine weitere Prüfung der Sorten auf Lixus-Befallsflächen dazu. 2023 wurden auf 17 Standorten rund 120 verschiedene Sorten auf ihre standortspezifischen Eigenschaften getestet. Dies führt zu einem grossen Aufwand bei der Saat, der Pflege, der Bonituren und vor allem auch bei der Ernte. Wurden vor 2018 im Schnitt 1000 Proben analysiert, so sind es aktuell zwischen 3000–4000 Proben die jährlich den Weg in die Zuckerfabrik finden. Ein enormer Aufwand, der nur durch eine gute Zusammenarbeit des Fachstellenteams und der ganzen Branche bewerkstelligt werden kann. Dies immer mit dem Ziel, neue standortspezifische Sorten mit einem hohen Leistungspotential den Landwirten zur Verfügung zu stellen und so den finanziellen Ertrag auch im Falle eines Schädlings- und Krankheitsbefalls abzusichern.