Das Rübenjahr 2023

Das Zuckerrübenjahr 2023 lässt sich mit den Worten «nass – trocken – nass» wohl am besten beschrei-ben. Im Frühjahr erfolgte eine Saatperiode von über zwei Monaten. Die anhaltenden Niederschläge limitierten die möglichen Saatfenster stark, sodass nicht jeder Produzent wie gewünscht die Rüben drillen konnte. Der anschliessend nasse und kalte Frühling sorgte vor allem im Osten für diverse Schadbilder, was teilweise mit Neuansaaten behoben werden musste.

Nach dem nassen Frühling setzte sich rasch die Trockenheit durch. So litten die ersten Bestände im Juni/Juli bereits stark und erholten sich teilweise nur noch zögerlich, respektive praktisch gar nicht mehr. Das Auftreten von Schädlingen wie der Blattlaus oder der Zikade wurde durch das absterbende Laub erst spät entdeckt und so vor allem im Westen durch die Wettersituation überdeckt. Die Blattflecken hielten sich 2023 zurück, da vor allem im Frühsommer die Feuchtigkeit fehlte und durch die späten Saaten der Reihenschluss vielerorts erst etwas später erfolgte. Nach dem Neuaustrieb im September zeichneten einige Sorten etwas stärker und wiesen bis zur Ernte einen augenfälligen Blattfleckendruck auf. Alles weitere zu den Schädlingen und Krankheiten ist im Kapitel «Forschungsnetzwerk» zu finden.

Die Ernte verursachte viele Schwierigkeiten. Man wollte die Zuckerrüben so lange wie möglich im Boden belassen, leider konnte niemand ahnen, dass es ab Mitte Oktober nur noch regnen würde. So wurde an manchen Orten die Ernte zur Geduldsprobe. Dennoch konnte praktisch überall unter anständigen Be-dingungen gerodet werden. Es gab immer wieder kurze Zeitfenster mit etwas Sonnenschein und wärmeren Temperaturen. Manche konnten gar Ende November und Anfangs Dezember mit Schnee ernten und so die Zuckerrüben unter erschwerten, aber dennoch guten Bedingungen an die Miete legen.

Gesamtschweizerische Aktivitäten

2023 war ein anspruchsvolles Jahr, dass durch den nassen Frühling, den heissen Sommer und die neuen Schädlingsprobleme schweizweit wohl mehr als 3000 telefonische Beratungen in Anspruch nahm. Daraus resultierten mehr als 500 Einzelberatungen, wobei ein grosser Teil im Frühling im Osten und im Sommer/Frühherbst im Westen mit dem neuauftretenden Schädling, dem Rübenrüssler (Lixus Juncii), zuzuschreiben ist. Gerade das Problem Rüsselkäfer beschäftige über Wochen das ganze Team der Fach-stelle. Abgesehen von der zeitintensiven Betreuung der unzähligen Sortenversuche wurde zum neuen Schädling Lixus juncii viel Literaturrecherche betrieben und der Austausch mit dem ITB (Frankreich) gesucht. Zusätzlich wurden die Monitorings zur Blattlaus– und Cercosporabekämpfung von der Fachstelle geleitet. Neben der Beratung wurde intensiv in den Monitorings zur Bekämpfung der Blattlaus und bei Blattflecken-Monitoring mitgearbeitet. Respektive wurden beide Monitorings von der Fachstelle geleitet. Dabei wurden über 500 Feldkontrollen durch das gesamte Fachstellenteam durchgeführt.

Weiter wurden über 30 Tage in Beratungsgruppen absolviert, wo regional teilweise fast wöchentlich ein Austausch mit den zu beratenden Landwirten stattfand. Eine Beratungsmethode, welche vor allem im westlichen Anbaugebiet auf Interesse stösst. Regionenübergreifend nahm die Fachstelle an mehr als 35 Anlässen als Referentin teil und präsentierte den Besuchern Aktualitäten, Herausforderungen sowie mögliche Lösungen aus dem laufenden Anbaujahr.


Das Fachstellenteam hat 2023 über 100 Artikel verfasst, die meisten während der Vegetationsperiode. Es wurden Kurzmitteilungen und mehrseitige Fachartikel für die gängigen Zeitungen und Zeitschriften (z.B. Schweizer Bauer, Bauernzeitung, die Grüne, UFA Revue etc.) verfasst, aber auch Mitteilungen für kantonale Herausgeber von Newslettern und für die Betaswiss-App erstellt.

Neben den Tätigkeiten auf unserer Betaswiss-App, wurden rund 200 Arbeitsstunden in die Erstellung der der neuen Website der Fachstelle investiert. Im Sommer 2023 wurde die Website durch die Firma ratsam neugestaltet und es wurden unzählige Stunden aufgewendet, damit sich der neue Web-Auftritt modern, frisch und aktuell präsentiert.


Neben unserer Haupttätigkeit Beratung wurden weitere Dienstleistungen durchgeführt: die Mitarbeit an den offiziellen Ertragserhebungen der Schweizer Zucker AG, Mitarbeit an den Regionalversammlungen im Osten, im Mittelland und im Westen, Unterricht auf diversen Niveaus (100 – 120 Lektionen) von EFZ bis FH und die Mitarbeit bei diversen Demostreifenversuchen. Zudem wurde das Messewesen der Branche unterstützt und die Mitarbeit an der «Tier & Technik» sowie an der BEA sichergestellt. Weiter wurden diverse Exaktversuche durchgeführt, welche unter dem Kapitel «Sortenprüfung» ausführlich erläutert werden.

Es gibt wie in jedem Jahr einige Highlights hervorzuheben. Die Feldtage 2023 in Kölliken lockten viele Besucher an und waren ein voller Erfolg. Neben dem großen Interesse an den Sorten sorgten die beiden Roboter für weitere Anziehungspunkte. Der Farmdroid gefiel dabei den Besuchern besonders. Zudem kam es zum Treffen dreier Generationen von Geschäftsführern der Fachstelle.

Die verschiedenen Auslandaufenthalte 2023 waren sehr spannend und der fachliche Austausch konnte gefördert und gestärkt werden. So wurde die Fachstelle im Juni von der Firma KWS in das Vermehrungsgebiet nach Italien eingeladen. Es ist ein Highlight für jeden Berater, erfahren zu dürfen, wie und wo das Saatgut für die Schweiz produziert wird.

Im September besuchte die Fachstelle die 16. Göttinger Zuckerrübentagung. Wichtige Themenschwerpunkte für die SFZ waren die Ausführungen zu den Pflanzenkrankheiten SBR und viröse Vergilbung sowie deren Bekämpfungsmaßnahmen, einschließlich Sortenprüfung. Die Tagung zeigte die aktuelle Forschungstätigkeit im Bereich Zuckerrüben in Deutschland auf. Viele Fragestellungen wie z. B. Prognosemodelle für Blattläuse, Blühstreifen und Begleitpflanzen sind ähnlich und werden auch in unseren ZR-Forschungsprojekten für die Schweiz seit 2020 bearbeitet.

Trotz einer Vielzahl an interessanten Präsentationen kamen wir zum Schluss, dass die übrige Branche mit den gleichen Herausforderungen zu kämpfen hat. Das zeigte uns auch, dass wir unsere Arbeit sehr genau und gewissenhaft ausführen und in vielen Themen, wie bei SBR, führend sind. Auf dem Rückweg besuchten wir den Versuchsbetrieb von Südzucker in Kirschgartshausen und bekamen einen Einblick in deren Versuchswesen. Trotz beeindruckend großer Versuchsflächen stellten wir fest, dass auch dort keine „besseren“ Kandidaten in den Prüfungen standen und in Kürze dem süddeutschen Anbau zur Verfügung stehen könnten. Die Schweizer Teststrategie, mit einer einreihigen Vorprüfung eines größeren Kandidatensets und einer darauffolgenden zweijährigen offiziellen Sortenprüfung mit den besten Sorten der Vorprüfung, bewährt sich.

Gegen Ende des Jahres und mit dem Aufkommen der Thematik Stolbur wurde noch die Region Würzburg (Werk Ochsenfurt) besucht und mit den dort ansässigen Beratern die neuesten Ereignisse und Erkenntnisse ausgetauscht. Als Abschluss der Auslandsbesuche war ein Teil der Fachstelle im November im Elsass für einen Austausch über SBR.

Sortenprüfung

Die Absicherung des Ertrags durch die Wahl standortangepasster Sorten wird für Produzenten immer wichtiger. Um den Produzenten die nötigen Informationen zu den wichtigsten Toleranzen der zur Verfügung stehenden Sorten mitteilen zu können, hat die Fachstelle seit einigen Jahren die Sortenprüfung stark ausgebaut.

Folgende Versuche wurden von der Fachstelle 2023 angelegt:

  1. RSV ohne Fungizidbehandlung (30 Kandidatensorten aus den Segmenten RSV, Conviso, SBR und YV geprüft an 5 Standorten)
  2. SBR-Screening Versuch (36 Kandidatensorten einreihig geprüft an 4 Standorten)
  3. SBR-WP2/WP3 Versuch (24 Kandidatensorten geprüft an 5 Standorten)
  4. Conviso Versuch (8 Kandidatensorten geprüft an 5 Standorten)
  5. Vergilbungsscreening (alle Kandidaten- und Marktsorten werden an 3 Standorten einreihig geprüft)
  6. YV-Resistenzprüfung (6 höher resistente Sorten werden mit Hilfe von Inokulationsversuchen an drei Standorten auf die Virusvarianten BYV & BChV geprüft)

Zusammenfassend wurden 2023 insgesamt 2205 Parzellen ausgesät (2022: 1986 Parzellen). Davon wurden schließlich 1440 von der Fachstelle geerntet und von der Schweizer Zucker AG auf Zuckergehalt und Inhaltsstoffe analysiert. Die Erhöhung der Anzahl ausgesäter Parzellen im Vergleich zum Vorjahr erfolgte zur Risikominimierung der SBR-Versuche aufgrund von Trockenheit. Die Datenanalyse umfasste die Synthese von insgesamt 6 Versuchsserien und ermöglichte eine gute Beschreibung aller empfohlenen Sorten und der Kandidaten.

Fünf neue Sorten wurden von der Sortenkonferenz für den Anbau 2024 genehmigt. Alle hatten vorab die offizielle Zulassung auf der Schweizer Sortenliste vom BLW erhalten. Zwei neue Sorten gehören dem RSV-Segment an, dabei handelt es sich um zwei neue CR+ Sorten von KWS und Betaseed. Beide Sorten kombinieren eine sehr hohe Cercosporatoleranz mit hoher Leistung unter Befall und Nichtbefall. Die zwei neuen SBR-Sorten heißen Fitis (hoher Zuckergehalt) und Michelangelo (hoher Rübenertrag) und übertreffen beide das aktuelle SBR-Sortiment im bereinigten Zuckerertrag (BZE) deutlich. Nach dreijähriger Prüfung in den Inokulationsversuchen konnte die erste YV-Sorte (St Gotthard, Strube) für den Anbau empfohlen werden.

Forschungsnetzwerk

Seit 2020 laufen verschiedene wissenschaftliche Projekte mit den Forschungsinstitutionen Agroscope, der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL), dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) und den kantonalen Pflanzenschutzfachstellen. Zwei große Forschungsprojekte (Thema SBR und viröse Vergilbung) mit einer Laufzeit von vier Jahren enden 2024 bereits wieder. Da die Thematik sehr brisant ist, ist die Fachstelle bestrebt, eine Folgefinanzierung zu finden. Die nötigen Projektanträge wurden zum Teil bereits beim BLW eingereicht.

Folgende vier Schwerpunktthemen wurden 2023 bearbeitet:

  1. Viröse Vergilbung
    Etablierung einer Resistenzprüfung mithilfe von künstlicher Inokulation, Erarbeitung von Mo-nitoring und Prognosesystemen, Untersuchung von verschiedenen Bekämpfungsmassnahmen (Nützlingsstreifen, Untersaaten, Nützlinge). Forschungspartner: Agroscope, HAFL, kantonale Pflanzenschutzfachstellen
  2. SBR
    Etablierung einer SBR-Sortenprüfung, jährliches SBR-Ausbreitungsmonitoring, Untersuchung von verschiedenen Bekämpfungsmassnahmen (Fruchtfolgeumstellung, Nützlinge) Forschungspartner: Agroscope, HAFL
  3. Cercospora
    Aktivitäten: Etablierung eines Cercospora-Prognosesystems Forschungspartner: HAFL, kantonale Pflanzenschutzfachstellen
  4. Herbizidreduktion (Bio- und Ressourcenprogramme)
    Aktivitäten: Tests von verschiedenen Hackrobotern, Setzen von Bio-Stecklingen Forschungspartner: FIBL, HAFL